Sputnik

 

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Kinostart 24.10.2013

Seit einiger Zeit wird der Ruf nach deutschen Kinderfilmen, die nicht auf einem berühmten Buch basieren, immer stärker. Sputnik beweist, dass es geht und wie gut es sein kann, eine unverbrauchte, ganz eigene Geschichte zu erzählen.

Wir schreiben Anfang November 1989, auf einem kleinen Dorf, irgendwo in der DDR. Die zehnjährige Friederike und ihre Freunde fühlen sich in ihrer Parallelwelt, einem Schuppen voller Experimente und Erfindungen, sehr wohl. Zusammen mit ihrem coolen Onkel, basteln sie an einer Flugkonstruktion die einen Gruß ins All schicken soll.

Von Heute auf Morgen wird jedoch der Ausreiseantrag ihres Onkels genehmigt, er geht in den Westen und Friederike weiß nicht, wann sie ihn jemals wieder sieht. Als großer Fan von Science-Fiction-Serien findet sie schnell eine Lösung: ein Gerät muss her, mit dem sie ihren Onkel wieder in den Osten zurück beamen kann…

 

Nach all den Wende-, DDR- und Ostalgie-Filmen, ist es regelrecht verwunderlich, wie lange es gedauert hat, bis endlich ein Kinderfilm zu diesem Thema heraus gekommen ist.

 

Vielleicht hat sich bisher keiner getraut, ein solch doch recht schwieriges Thema kindgerecht aufzuarbeiten. „Sputnik“ ist dies auf hervorragende Weise gelungen.

 

Gekonnt gelingt der Spagat zwischen einem zeitgemäßen, modernen Film als auch nostalgischen Anklängen an eine längst vergangene Zeit. Die Schwierigkeit, wieviel politisches Grundwissen die Kinder wirklich haben müssen bevor sie diesen Film sehen, umschifft der Film gekonnt. So kann man ihn auf zwei gänzlich unterschiedliche Arten rezipieren.

 

Einmal, rein aus der Sicht der Kinder, die ein spannendes Abenteuer erleben und zwar mit den Gegebenheiten wie Pionier-Regeln, Warenmangel und Mauertoten durchaus vertraut sind, aber dennoch ihr eigenes, erstaunlich zufriedenes Leben führen, mit den gleichen Problemen und Sehnsüchten wie Kinder heute auch. Mutig und selbst-organisiert treten sie den Tücken des Systems jenseits einer erwachsenen Struktur gegenüber und erinnern dabei streckenweise an Klassiker wie „Kalle Blomquist“. Ohne sich in politischen Verstrickungen zu verfangen, bietet sich so ein sehr ehrliches Bild ostdeutscher Lebensrealität und man glaubt Friederike, wenn sie aus vollem Herzen sagt: „Ich will aber gar nicht in den Westen.“

 

Dem erwachsenen und politisch informierten Zuschauer aber, öffnet sich eine ganz andere, dahinter liegende Ebene. Gerade in dieser leichten, teilweise recht flapsigen Erzählweise, liegt eine tiefe Ironie, die in ihrer Gänze wahrscheinlich nur von „echten“ ehemaligen DDR-Bewohnern gesehen werden kann. Dadurch wird „Sputnik“ zu einem Familienfilm, der für alle Altersstufen unterhaltsam ist und durchaus genug Potential bietet, um sich im Nachhinein mit dem Thema auseinander zu setzen und darüber seinen Kindern ein politisches System näher zu bringen, mit dem keines jemals wirklich in Berührung gekommen ist.

 

 

Das Mädchen Wadjda

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 Kinostart 5.9.2013

Im Vorfeld wurde in den verschiedenen Medien viel über diesen Film berichtet. Aus gutem Grund:

Haifaa al Mansour hat den ersten Saudi – Arabischen Kinofilm überhaupt gemacht. Dort gibt es nämlich nicht mal Kinos. Sie hat in ihrem Debüt nicht nur das Drehbuch geschrieben, Regie geführt und eine weibliche Hauptprotagonistin besetzt, sondern auch an Originalschauplätzen gedreht. Und das in einem Land, in dem weibliche Personen weder zu hören noch zu sehen sein sollen. Dabei geht sie äußerst kritisch mit ihrer Heimat und dem Islamismus im Allgemeinen um, ohne dabei zu verurteilen.

Ich war – und bin, um ehrlich zu sein – mir bis jetzt nicht ganz im Klaren, ob es sich bei „Das Mädchen Wadjda“ um einen reinen Kinderfilm handelt. Natürlich, die Hauptprotagonistin ist ein elf -jähriges Mädchen, dass sich nichts sehnlicher wünscht als ein Fahrrad und versucht mit Hilfe eines Koran-Wettbewerbs, das Geld dafür zusammen zu bekommen. Soweit, hört es sich nach einem regulären, nicht besonders innovativem Kinderfilm an. Aber dann kommt der Handlungsort ins Spiel.

Denn obwohl Wadjda schon sehr liberale Eltern zu haben scheint, immerhin trägt sie Converse unter ihrem bodenlangen Kleid und hört westliche Popmusik, verbieten auch die ihr, sich ein Fahrrad zu kaufen, um damit mit ihrem besten Freund Rennen zu fahren.

In Saudi – Arabien nämlich, gehört es sich nicht für eine Frau Fahrrad zu fahren. Wie auch Wadjda immer wieder erklärt wird, können angeblich Frauen die Fahrrad fahren keine Kinder bekommen und müssen sich offensichtlich auch große Sorgen um ihre Jungfräulichkeit machen. Der Wunsch nach dem Fahrrad wird so zum Symbol für die Freiheit. Auf sehr bildliche Art und Weise wird uns gezeigt, wie der Alltag für Frauen in Saudi – Arabien aussieht. Aussprüche wie: „Schämt ihr euch nicht laut zu lachen? Frauen darf man nicht hören,“ oder „Geht schnell ins Haus, sonst können euch die Männer sehen“, sind für Wadjda an der Tagesordnung. Auch dass ihr Vater überlegt, eine andere Frau zu nehmen, da ihre Mutter ihm keinen Sohn schenken kann, sind harte aber realistische Tatsachen. Bis hin zu Voll-Verschleierung, Zwangsehe und Selbstmordattentätern wird alles thematisiert. Da dies alles aber Teil von Wadjdas täglicher Welt ist, behält es eine kindliche Leichtigkeit in der sich die Grausamkeit zwischen den Zeilen und wahrscheinlich in seiner Tiefe, nur für Erwachsene erkennbar versteckt. Gleichzeitig haben wir, beispielsweise in der Mutter und der Schuldirektorin, streng gläubige Figuren, die darin auch nicht verurteilt werden. Lediglich für Wadjda steht fest, das dies ist nicht ihr Weg ist und dafür kämpft sie. Vielleicht ist gerade diese Objektivität noch beunruhigender als eine klare Positionierung es gewesen wäre.

Der Film ist über weite Strecken sehr ruhig gehalten, was ich als positiv empfunden habe, weil es genug gab, worüber man nachdenken musste. Für Action – gewohnte Kinder, könnte er allerdings stellenweise zu ruhig sein. Der einzige andere Negativ-Punkt war für mich, dass die Synchronisation extrem schlecht und hölzern ist, was gerade bei den Kindergesprächen sehr auffällt. Aber selbst als Hardcore-Fan des O-Tons, bin ich in diesem Falle natürlich doch ganz froh über die Übersetzung.

Fazit: Ein unbedingt sehenswerter Film, sowohl für Kinder als auch für Erwachsene, der uns eine uns völlig fremde Kultur ein ganzes Stück näher bringt. Aber gerade für Kinder, sollte im Nachhinein unbedingt die Möglichkeit des Gesprächs bestehen. Ich könnte mir den Film auch sehr gut für Klassenvorführungen mit anschließender Diskussion vorstellen. Er wird sowohl bei kleinen als auch bei großen Menschen Denkprozesse in Gang setzen und uns ein bisschen über unseren eigenen gut gefüllten Teller-Rand blicken lassen.

Denn in jedem Fall, ist es ein Film, der berührt. Und obwohl er ein schönes Ende hat, habe ich im Kino geweint. Um das Mädchen Wadjda, um ihre Mutter, um ihre Freiheit und um all die anderen Frauen da draußen und deren fremdbestimmtes Leben, von dem uns hier wahrscheinlich nur ein Bruchteil bewusst ist. Vielleicht ist es schon ein kleiner Hoffnungsschimmer, das dieser Film überhaupt entstehen konnte. Er bewegt und lässt einen lange nicht los.

Als mir vor dem Kino ein kleines Mädchen, völlig selbstverständlich, auf einem tollen pinken Fahrrad entgegen kam, traten mir gleich wieder Tränen in die Augen.

Wenn ihr also in den nächsten Wochen eine Frau seht, die auf ihr Fahrrad steigt und dabei in Tränen ausbricht, bin das wahrscheinlich ich…

Leicht verheulte acht von zehn Sofa-Kissen, gibt es von mir.

Zum Tode Wolfgang Herrndorfs

Mein Auftakt – Eintrag zur Rubrik „Belletristik“ ist ein trauriger.

Kaum ein Literaturmagazin, dass es Dienstag nicht als Hauptmeldung hatte: Wolfgang Herrndorf ist tot. Er hat sich erschossen, in der Nacht zum Dienstag.

Es war absehbar, laut seiner immer wieder zitierten Statistiken sogar überfällig, lebte er doch schon länger mit seinem Hirntumor als die meisten anderen vergleichbaren Fälle. Trotzdem hat wohl jeder, einschließlich er selber, auf eine Art Wunderheilung, ein neu entdecktes Medikament gehofft.

Seit 2010 kämpft er, immer wieder gibt es Hoffnungsschimmer, immer wieder Rückschläge, aber seit einigen Wochen ist klar – Der Tumor wächst, alles was durch Operationen und Chemo zurückgehalten wurde, nimmt noch einmal einen letzten Anlauf. Zwei Monate, sagt der Arzt, vielleicht drei. Solange will Herrndorf nicht warten.

Dabei hat seine Karriere eigentlich gerade erst richtig begonnen.

Sein erstes Buch, „In Plüschgewittern“, wird kaum beachtet. Schade, alleine der Titel ist schon großartig. Ein junger Mann, der nach Berlin zieht. Ja, es stimmt, Bücher über junge Menschen die in die Großstadt ziehen und im rotzigen Ton davon berichten wie sie im Leben ankommen und dabei eigentlich für das Genre des „Coming of age“ schon zu alt sind, weil sie längst angekommen sein sollten, schießen seit ein paar Jahren, spätestens seit Christian Krachts „Faserland“ und Sven Regeners „Herr Lehmann“ etwas inflationär aus den Druckerpressen. Aber erstens scheint es einen Markt dafür zu geben (gerade wurde „Oh Boy“ für die Auswahlliste des deutschen Oskar – Beitrags nominiert!) und zweitens ist Herrndorfs Buch irgendwie anders. Vielleicht noch etwas böser, etwas selbst – ironischer, etwas weniger biografisch – therapeutisch. Und vor allem ist es hervorragend geschrieben. Ungewöhnliche Bilder und ein tiefes Verständnis für Sprache, bringen einen abwechselnd zum Lachen, zum weinen und zum (teils peinlichen) selber wieder erkennen.

Aber erst „Jenseits des Allende – Gürtels“, sein Kurzgeschichtenband nach dem Sieg des Ingeborg – Bachmann – Preises, bringt ihm wenigstens etwas Aufmerksamkeit.

Für mich ist es ein schwieriges Buch. Ich möchte es so gerne mögen und es gibt Geschichten darin, die ich wirklich gerne gelesen habe. Andere sind völlig an mir vorbei gegangen, da ich große Schwierigkeiten hatte, einen Zugang zu finden. Vielleicht lag es an mir, vielleicht sollte ich sie jetzt noch einmal lesen, aber nach den „Plüschgewittern“ erschien es mir wie ein Antiklimax.

Und dann “Tschick”.

Das Buch, das Herrndorf ganz nach oben katapultiert, Jugendbuchpreis, unglaubliche Verkaufszahlen. Monatelang sieht ein Nachttisch ohne “Tschick” darauf leer aus.

Selbst Menschen, die vorher wenig gelesen haben, lesen plötzlich und sind begeistert.

Die Tour (gibt es eigentlich auch „Road – Bücher“?) der zwei Jugendlichen, die sich mit einem gestohlenen Auto Richtung „Wallachei“ aufmachen, hat zwar wieder die Thematik des „sich selber findens“ , aber auf so lustige, so skurrile und gleichzeitig so nachvollziehbare Weise, dass man sich dem Charme dieses Buches nicht entziehen kann. Ich glaube, ich kenne niemanden, der es nicht mochte.

Und doch – ich persönlich ziehe die „Plüschgewitter“ vor. Vielleicht weil es das Erste war, das ich von ihm gelesen habe. Aber ich bin der Meinung, „Tschick“ ist gefälliger, polierter, wahrscheinlich reifer (obwohl die Protagonisten viel jünger sind) aber genau das macht es auch weicher.

„In Plüschgewittern“ hat mehr Ecken, ist rauer und böser, roh und ungefeilt, aber gerade dadurch so ehrlich.

Was allerdings ein wirkliches Erlebnis ist: „Tschick“ parallel zu seinem Schaffensweg auf Herrndorfs Blog „Arbeit und Struktur“ zu lesen. Zu diesem Zeitpunkt weiß er bereits von seiner Krankheit, schreibt manisch Tag und Nacht an „Tschick“, in der konstanten Angst es nicht mehr fertig zu kriegen. Das ist hart, wie sein Blog insgesamt, aber es gibt auch einen tollen Einblick in die Arbeitsweisen eines Autors, gepaart mit vielen kleinen Anekdoten, die einen das Buch noch besser verstehen lassen.

Und wie feiert er, als er auf die Idee kommt, den zwei pubertären Jungs, als einzige musikalische Begleitung ihres Roadtrips, eine Richard Clayderman – Kasette ins Auto zu legen!

Die Filmrechte sind  verkauft, bald beginnt die Produktion.

Die Premiere wird wohl ohne den Autor stattfinden.

Als Sand erscheint und mit „Erwachsenen – Preisen“ überhäuft wird, ist es endlich an der Zeit, Herrndorf in literarischen Kreisen ernst zu nehmen. Ob jetzt wirklich das Buch an sich diese Preise verdient hat oder sein Werk bis zu diesem Zeitpunkt, sei dahin gestellt.

Nicht, dass ich missverstanden werde – es ist ein wirklich gutes, natürlich auch wieder toll geschriebenes Buch. Aber emotional hat es mich lange nicht so gepackt wie „Tschick“ oder die „Plüschgewitter“. Es ist eben erwachsen geworden.

Passenderweise geht es um einen Mann, der sein Gedächtnis verliert und man kommt nicht darum herum sich zu fragen, wieviel von der Inkosequenz, der angefangenen und nicht beendeten Erzählstränge, der zu spürenden Verwirrtheit, dem Problem des Protagonisten entspringt oder doch der Krankheit des Autoren.

An einer Stelle im Blog geht er kurz darauf ein. Er stellt fest, dass einer seiner Figuren drei Tage fehlen. Aber er lässt es so. „Für solche Kleinigkeiten habe ich keine Zeit mehr“, schreibt er.

Er hat es geschafft „Sand“ fertig zu kriegen und dessen Erfolg, zumindest aus der Ferne, mit zu erleben. Die Preise nehmen zu diesem Zeitpunkt schon lange Freunde für ihn entgegen, weil er Angst hat, plötzlich auf der Bühne einen epileptischen Anfall zu kriegen, oder einen Sprachausfall.

Obwohl er so auf der einen Seite unsichtbar wird, kein öffentlicher Auftritt, keine Lesung, keine Interviews, wird er auf der anderen Seite immer persönlicher – in seinem bereits erwähnten Blog „Arbeit und Struktur“. Es beginnt mit der Diagnose und nimmt uns mit durch seinen Arbeitsprozess, aber auch durch seine Hoffnungen und Ängste. Ein brilliant geschriebenes Dokument des Sterbens. Auch oder gerade wenn man gegen Ende merkt, wie ihm trotz der Hilfe seiner Freunde, häufig die Worte fehlen, teils weil ausgerechnet sein Sprachzentrum mehr und mehr zerstört wird, teils weil es für diese Art konstantes Abschied nehmen und die Todesangst keine Worte gibt.

Schonungslos beschreibt er seine Ängste und letzten Male und auch seine immer stärker werdenden Depressionen und Psychosen, bis hin zu Heulkrämpfen und Zusammenbrüchen mitten im Supermarkt. Er arbeitet verzweifelt daran, noch ein Werk fertig zu kriegen. „Isa“ heißt es, viel mehr erfahren wir nicht. Ebenfalls nicht, ob er es tatsächlich noch geschafft hat. Auch die Buchversion seines Blogs bleibt unvollendet.

Ich bin mir sicher, es wird dennoch erscheinen und allen, die nicht eh schon seinem Blog gefolgt sind, kann ich nur ans Herz legen, es dann unbedingt zu lesen.

Sein letzter persönlicher Eintrag erscheint sechs Tage vor seinem Tot. Es ist nur ein Wort. „Almut“. Ich wüsste gerne, was es bedeutet.

Danach, auf einer neuen Seite nur noch die Meldung:

SCHLUSS:

Wolfgang Herrndorf hat sich am Montag, den 26. August 2013 gegen 23.15 Uhr am Ufer des Hohenzollernkanals erschossen.

Wer seinen Blog gelesen hat, weiß, wie sehr er mit dem Gedanken des Selbstmordes gehadert hat, wie er immer wieder geschwankt hat, zwischen der Hoffnung zu den 2 % zu gehören, die die 5 – Jahresgrenze schaffen und dem Gedanken, sich all die Qualen zu ersparen, wie er darunter gelitten hat, immer weniger Herr über seinen eigenen Körper, seinen Geist und vor allem auch über seine Sprache zu sein.

Er hat Anträge gestellt, versucht tödliche Tabletten im Ausland zu besorgen, stunden- und tagelang das Thema Euthanasie recherchiert, um dann doch wieder, durch eine Kleinigkeit angestachelt genug Lebensmut zu schöpfen, den Gedanken beiseite zu schieben. „Es gibt sie noch die schönen Tage mit C.“ schreibt er, fast gegen Ende. „Aber ich vergesse sie. Deshalb schreibe ich sie auf.“

Letztendlich hat er sich ergeben. Sich selber erschossen, am Ufer des Kanals, an dem er so häufig spazieren war, um die letzten seiner verbliebenen Worte zu sammeln. Irgendwie wirkt es banal. Kein geheimnisvolles Medikament, kein ruhiges Entschlafen, keine geheime Reise in die Schweiz. Einfach Peng und Schluss. Wenn ich daran denke, zieht es mir den Magen zusammen.

Er wollte doch so gerne im Winter sterben.

Rest in Peace, Herr Herrndorf.

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Trance

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Danny Boyle:  “Mit Trance will ich die Leute verführen”

Kinostart 8. August 2013
Jaaa…..Also…Manchmal ist es vielleicht gar nicht so gut, direkt nach dem Kino zu schreiben, da ist alles noch so frisch durcheinander, dass der Faden eventuell ein bisschen fehlt. Ich versuche es trotzdem.

Die Logline zu Danny Boyles neustem Film klingt erstmal wenig spektakulär und hätte mich jetzt nicht vom (rosa) Sofa gerissen, das lag eher am Namen Boyle und der Hoffnung, dass es schon was Lohnendes sein wird, bedenkend, dass ich selbst nach über 10 Jahren immer noch klare Bilder von Trainspotting im Kopf habe. Die Ankündigung lautet schlicht:

TRANCE – GEFÄHRLICHE ERINNERUNG ist ein Thriller über einen Kunstauktionator, der nach dem Diebstahl eines Werkes sein Gedächtnis verliert.

Jaha, das schon ABER…Dazu kommt eine Hypnosetherapeutin die selbiges wieder auffrischen soll. Es wird eine ganze Menge aufgefrischt, einiges an überraschend nackter Haut gezeigt, Köpfe weggeknallt (die dann aber munter weiter reden…), Stromstöße versetzt, geliebt, gehasst und geballert und das ist eigentlich erst der Anfang auf der Suche nach dem Bild, hinter dem offensichtlich eine ganze Menge Leute her sind.
Trance zieht einen von Anfang an in seinen Bann. Bis ins genaueste komponierte Bilder und Zwischeneinstellungen, toll gespielt, intelligent durchdacht, ein perfekt gewählter Soundtrack und ein Verwirr – und Machtspiel das sich in Höhen wirbelt, in denen man zeitweise jeglichen roten Faden getrost loslässt. Mag an mir liegen, aber was den zeitlichen Ablauf angeht, war ich zwischenzeitlich völlig raus. War aber auch irgendwie egal, man hat die Bilder genossen, die Informationen aufgenommen und auf den Zeitpunkt gewartet, da sich alles wieder hübsch zusammenfügt, denn dass das noch passiert, darauf habe ich fest vertraut.
Vielleicht hätte ich mir doch zwischendurch mehr Mühe geben sollen. Das große Ganze war mir am Ende klar, aber in vielen Punkten war ich mir nicht sicher, ob ich es hätte verstehen sollen oder es gar nicht so angelegt war. Vor allem das Spiel mit den verschiedenen Erzählebenen, der Realität und der Hypnose und dem damit verbundenen unzuverlässigen Erzähler, hat mich schwer verwirrt. Aber vielleicht ist es auch genau das, der Trance – artige Zustand, in den man dadurch zwangsläufig selber fällt, der diesen Film so mitreißend macht. Ich habe mich definitiv durchweg gut unterhalten gefühlt und die Ästhetik und das Spiel genossen, aber befürchte mein Kopf wird noch eine zeitlang nachbrummen. Sobald er damit aufhört, müsste ich mir den Film eigentlich noch mal angucken, vielleicht fallen dann auch die letzten Puzzle – Teilchen an ihren Platz oder ich kann akzeptieren, dass sie das gar nicht müssen.
Auf jeden Fall ein hoch – interessanter Film und durchaus empfehlenswert.

Schade, dass er kaum beworben wird und die Besucherzahlen zur Zeit noch sehr gering sind. Dieser Film hat mehr Aufmerksamkeit verdient!

Von mir gibts 8 von 10 möglichen Sofakissen!

 

 

 

The Bling Ring

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Kinostart: 15. August 2013

Schön, wenn die Filme die man eh gucken will, so hübsch bezahlbar und im Originalton in der Sneak laufen! Nicht so schön, wenn sie dann so viel langweiliger ausfallen, als man es erwartet hat.
The Bling Ring, der neue Film von Sofia Coppola kommt qua Plakat und Grundplot daher wie ein leicht überdrehter Chick – Flick (na gut, mit einem Hahn in der Hauptrolle).

Es geht um die auf wahren Begebenheiten beruhenden Geschichte einer Gruppe Jugendlicher, die ihren eigenen Weg finden, gegen Langeweile anzukämpfen. Im Zentrum steht Marc, der gerade neu an der Schule ist, die auf Drop – Outs und Problemfälle spezialisiert ist. Bei den vier Mädels Rebecca, Nikki, Sam und Chloe, findet er schnell Anschlus und fühlt sich sicher, teilen sie doch ähnliche Interessen, wie Mode und Lifestyle. Was mit kleinen Autodiebstählen beginnt, wird schnell zu einem Raubzug durch die Häuser von Hollywoods Schönen und Reichen um dort „einkaufen“ zu gehen. Das das nicht gut ausgehen kann, kann man ahnen und damit wird auch nicht hinter dem Berg gehalten.

Natürlich ist es kein gewöhnlicher Chick – Flick, hätte beim Namen Coppola auch stark verwundert. Natürlich gibt es eine tiefere Botschaft, gibt es die Gegenüberstellung materiellen Überflusses gegen innere Leere. Im Grunde gäbe es auch genug Konflikt – Material, dass aber bei weitem nicht ausgeschöpft wird. Das Marc, der klar homosexuell ist (eine der schönsten Szenen: Rebecca: Look at these shoes! Are they Prada? Marc: No. Miu Miu), zwar davon redet wie unsicherer ist und dass er anders ist, aber nicht mit den üblichen Mobbing – Klischees darauf herum geritten wird, sondern es einfach als normal daneben gestellt wird, ist mir positiv aufgefallen. Aber alleine in der Gruppen – Dynamik hätte es zich Gelegenheiten gegeben, mit Konflikten zu spielen und so diesen sehr geradelinigen Film interessanter zu gestalten. In vielen Punkten erinnert er an den stark umstrittenen „Springbreakers“, der mir ausgesprochen gut gefallen hat. Aber genau diese Konsequenz, die maßlose Übersteigerung, die diesen Film in meinen Augen so genial gemacht hat, fehlt in „The Bling Ring“. Wir folgen einem endlosen Kreis aus Drogen, Parties und Einbrüchen ohne wirklich erkennbare Steigerungen oder auch nur den Ansatz eines Handlungsbogens. Der ist am ehesten in dem Fakt zu suchen, dass wir von vornherein wissen, dass sie geschnappt werden und darauf warten, wann und wie es geschieht, aber das reicht nicht wirklich um zu fesseln. Dabei stellen sich vor allem Fragen in der Glaubwürdigkeit, wahre Begebenheit hin oder her, keiner dieser Häuser ist in irgendeiner Form bewacht, und sämtliche Promis lassen ihre Schlüssel unter der Fußmatte oder sogar die Terrassentür offen stehen? Und erst ganz am Ende gibt es tatsächlich mal Security – Kameras? Und alle haben ihre Adressen frei verfügbar mal eben zum googlen??

Wirklich lustig ist er dabei auch nicht, soll er doch kritisch und eben kein Chick – Flick sein. Den größten Spass machen noch die Einblicke in die Häuser und das Leben der Reichen und eine Menge toller Klamotten. Vor allem Paris Hiltons Haus mit Paris Hilton – Kissen und Paris Hilton Bildern an der Wand ist herrlich skurril – umso mehr, da das Filmteam tatsächlich in ihrem Haus drehen durfte. Letztendlich ist der Film aber nicht mehr, als das was er kritisiert – ein oberflächlicher, kritikloser Blick auf das Leben der oberen 10 000.

Einzig herausragend für mich war dabei die Schauspiel – Leistung. Über das Schnuckelchen Emma Watson brauchen wir gar nicht zu reden (obwohl eine an einer Stange tanzende Hermione doch etwas verstörend war) aber vor allem Newcommer Israel Broussard der Marc spielt, hat mich nachhaltig beeindruckt und ich hoffe ihn noch in mitreißenderen Filmen zu sehen.

Noch erwähnenwert wäre eine kleine Anekdote am Rande: Während der Film die Filmfestspiele in Cannes eröffnete, wurden aus einem Safe im Luxus- Hotel wertvoller Schmuck entwendet, der eigentlich ein paar der berühmten Schauspieler in den kommenden Tagen hätte zieren sollen…

Von mir gibt’s wenig schillernde 4 von 10 möglichen Sofakissen!

This is the End

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D: Das ist das Ende

Kinostart: 8. August 2013

Stell dir vor, James Franco feiert eine Party und du bist eingeladen. Und jetzt stell dir vor, am Höhepunkt der Party findet plötzlich das jüngste Gericht statt….

Habe ich in „the Bling Ring“ nach mehr Konsequenz und Skurrilität gefragt? Vielleicht sollte ich es wieder zurück nehmen… Genau wie der Glitzer – Ring beschäftigt sich auch „This is the end“ mit dem Blick durchs Schlüsselloch Hollywoods.
Es war ein Projekt unter Freunden, James Franco, Jonah Hill, Seth Rogen, Jay Baruchel und viele weitere spielen sich selber und nehmen sich dabei ohne Rücksicht auf Verluste aufs Korn. Der Humor ist platt bis brachial und war so gar nicht mein Geschmack. Die Mengen an pubertären, stark Sperma – lastigen Witzen, Klischees, maßlosen Übertreibungen und grundloser Gewalt hat mich ehrlich gesagt 20 Minuten vor Schluss aus dem Kino getrieben. Dabei habe ich mir sagen lassen, der ganze Film lohne sich alleine wegen der letzten Szene, die hier an dieser Stelle jetzt natürlich nicht verraten wird.

Es gab auch genug Menschen die ich kenne, die diesen Film durchaus amüsant bis gesellschaftskritisch fanden. Gesellschaftskritisch vor allem deshalb, weil die überzogene schwarz – weiß – Zeichnung von Gut und Böse, Himmel und Hölle, Religion im allgemeinen und (wie auch in The Bling Ring) die völlige Oberflächlichkeit Hollywoods komplett durch den Kakao gezogen werden. Ich muss sagen – kann ich alles sehen, hätte mir dennoch subtilere Bilder gewünscht. Insgesamt kann man diesen Film meiner Meinung nach nur lieben oder hassen.
Wer oben erwähnte Schauspieler mag, wer deren Filme wie Pineapple Express, Superbad, Männertrip usw. gerne sieht – der ist hier richtig und kann 90 Minuten vor allem miterleben, wie eine Gruppe Freunde (auch im realen Leben) mit einem Haufen Drogen und Alkohl großen Spaß dabei haben, einen ziemlich bekloppten Film zu produzieren. Ich warte da lieber auf das nächste Arthouse – Ereignis…

Deshalb von mir, rein subjektive 3 von 10 möglichen Sofakissen.

 

 

 

 

Only God forgives

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Kinostart 18. Juli 2013


Das Duo Ryan Gossling/ Nicolas Winding Refn, dass schon Drive zu einem großartigen Film gemacht hat, begibt sich dieses Mal nach Asien, in einer mystischen Geschichte um Rache und Vergebung.

Julian Thompson (Gossling) betreibt neben einem Box – Club auch andere dubiose Geschäfte im thailändischen Bankok. Als sein Bruder Billy ein junges Mädchen umbringt, setzt er damit eine Kette von gegenseitigen Rache-Morden in Gang. Vor allem die Mutter der beiden Männer drängt Julian dazu, sich aktiv einzumischen. Ein Spiel, das er eigentlich nicht gewinnen kann…

Tjaaa…dass hat jetzt eine ganze Weile gedauert, bis ich mich hingesetzt habe um diese Rezension zu schreiben. Und das hat nicht nur was mit Zeitmangel zu tun. Ich wusste schlicht nicht wirklich, was ich über den Film sagen sollte und habe noch auf sowas wie eine plötzliche Erleuchtung gewartet. Kam aber nicht wirklich. Auch Gespräche mit anderen die den Film gesehen haben, führten wieder an den Punkt, an den ich auch selber immer komme – ich habe das Gefühl, die eigentliche, tiefer gehende Story verpasst zu haben.
Im Falle, dass ich alles mitbekommen habe, ist es eine pure Rache – Geschichte…Auge um Auge, Zahn um Zahn, Arm um Arm, Kopf um Kopf.
Auf jeden Fall kann man sagen, dass es ein unheimlich ästhetischer Film ist. Das Spiel mit Licht, mit Farben und Symbolen macht viele Einzeleinstellungen zu einem surrealen Kunstwerk. Die gesamte Inszenierung in ihren Zeitsprüngen und traumartigen Sequenzen, erinnert stark an die großen Filme David Lynchs. Obwohl es durchaus blutig daher geht, ist selbst das Blut und die Gewalt klar inszeniert und stilisiert, so dass auch zartere Gemüter nicht all zu sehr leiden müssen. Obwohl es schon ein bisschen schade ist, dass Ryan Gossling das letzte drittel des Filmes so verbeult rum läuft…schaut man ihn doch eigentlich ganz gerne an. Sowohl Musik als auch Bilder spielen mit krassen Gegensätzen, während Gossling noch weniger sagt als in Drive (und das will was heißen!) Das alles führt aber auch dazu, dass man sich die Figuren nur aus weiter Ferne ansieht und vor lauter Symbolkraft den Inhalt verpasst. Ich habe zu wenig Ahnung von thailändischer Kultur, obwohl ich das Gefühl hatte, dass auch da, jenseits des Karaoke – Singens, noch einiges verborgen lag. Ich würde auch gerne mal eine psychologische Analyse des Mutter – Sohn Verhältnisses lesen. Freud hätte sich kaum wieder eingekriegt, hätte er diesen Film gesehen. Insgesamt hat mich der Film etwas verwirrt zurück gelassen und mit dem undeutlichen Gefühl, zu dumm zu sein, ihn zu verstehen. Falls jemand eine gegenteilige Meinung hat oder mir den tieferen Gehalt erklären kann, fühlt euch frei dies in den Kommentaren zu tun!
Ansonsten bleibt es für mich ein toll bebildertes Marionetten – Spiel in einer Theater – Landschaft ala Robert Wilson.

Leicht verwirrte sieben von zehn möglichen Sofakissen.

Und da wir ja auch ein Buchblog sind, gibt es heute im Zusammenhang mit diesem Film unsere erste Buchempfehlung für alle Ryan Gossling – Fans:
„Color me good – Ryan Gossling“ gibt allen Hardcore – Fans die Gelegenheit, ihrem Star ganz nah zu sein und ihn Stück für Stück selber auszumalen.

Gosling malbuch

C.G.

Pain and Gain

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Filmstart 22.August 2013

Bodybuilder Daniel Lugo (Mark Wahlberg), hat keine Lust mehr, sein weniges Geld mit der harten Arbeit im Fitness – Studio zu verdienen. Er überredet seinen Kumpel (Anthony Mackie) und einen gerade entlassenen, körperlich extrem beeindruckenden Straftäter (Dwayne Johnson), einen seiner reichen Kunden (Tony Shalhoub) zu entführen und so lange zu foltern, bis der ihnen sein Geld überschreibt. Aber es läuft alles nicht so, wie die drei sich das vorgestellt haben. Vor allem haben sie nicht mit der unglaublichen Zähigkeit des reichen Geschäftsmannes gerechnet…

Michael Bays („Transformers“) aktuelle Regiearbeit sollte seiner Aussage nach ein „Intimerer Film“ werden.
Die erste viertel Stunde des Filmes, dachte ich noch, das könnte funktionieren. Ich mag ja prinzipiell Filme, die sich selber nicht besonders ernst nehmen. Auch die Kamera – Führung und die Bilder an sich ließen einiges erhoffen. Die Idee Tony Shalhoub (Eher bekannt als „Monk“) als Gegenspieler zu besetzen, der Kakerlaken – artig jegliche Angriffe auf sein Leben übersteht, bewies auch einigen Humor. Damit ist aber auch leider schon alles positive über diesen Film gesagt. Die Handlung ist völlig banal, gewaltverherrlichend und in keiner Weise so lustig wie sie gemeint ist. Den Hinweis darauf, dass es sich um reale Ereignisse handelt, halte ich für einen schlechten PR – Gag. Der Film hat etliche Bilder in meinem Kopf hinterlassen, die ich dort lieber nicht drin hätte. Und das schlimmste ist – er nimmt und nimmt einfach kein Ende! Ich hatte mir fast eine Stunde lang überlegt raus zu gehen, weil ich es gleichzeitig unerträglich und entsetzlich langweilig fand. Aber immer wieder dachte ich – er muss doch gleich zu Ende sein…ist er aber nicht. Es zieht und zieht sich, alberner Slapstick reiht sich an zerfetzte Gliedmaßen, die Anzahl der Toten steigt stetig, während der Sinn der Geschichte im selben Maße abnimmt. Schade um die Verschwendung einer eigentlich guten Besetzung. Wer noch ein bisschen Spass haben will, sollte die Schilder im Hintergrund und die T – Shirts von „the Rock“ im Auge behalten. Ansonsten ist es lediglich testosteron-geschwängerter Schwachsinn, der selbst vor Fäkal – Humor nicht halt macht.

Zwei von zehn möglichen Sofaskissen und das auch nur wegen der Kamera – Führung.

C.G.

Gloria

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Filmstart 8.August.2013

Gloria, eine lebensfrohe geschiedene Endfünfzigerin kämpft gegen ihr Alter und das Alleine sein, nachdem ihre erwachsenen Kinder schon alle ausgezogen sind, indem sie Yoga – Kurse belegt, sich intensiv um ihr Äußeres kümmert und häufig zu Tanz – Veranstaltungen geht. Dabei lernt sie Rudolfo kennen und die beiden kommen sich schnell näher. Für beide ist es aber gar nicht so einfach, sich völlig auf die Beziehung einzulassen, da beide ihre Päckchen aus der Vergangenheit mitbringen und immer wieder an ihre Grenzen stoßen. Obwohl Gloria mit ihrer Fröhlichkeit und ihrem Lebensmut dagegen ankämpft, reißt es sie immer wieder hinunter in Löcher aus Einsamkeit und Zukunftsangst.

Der chilenische Regisseur und Co – Autor Sebastian Lelio war mit diesem Film bei der Berlinale 2013 für den goldenen Bären nominiert, seine Hauptdarstellerin Paulina Garcia hat den silbernen Bären als beste Darstellerin gewonnen. Völlig zu Recht muss man sagen.
Mit beeindruckendem Feingefühl inszeniert Lelio die Geschichte der alternden Gloria, die mit allen Mitteln versucht, dem Gefühl von  Enttäuschungen und  Leere die Stirn zu bieten.
Die Kraft des Filmes zeigt sich vor allem in den kleinen Bildern. Zum einen im Zwischenmenschlichen, wobei das meiste in kleinen Gesten und in den Gesichtern der Schauspieler passiert (Sergio Hernández „Rodolfo“ zeigt eines der besten „Ha, ha sehr lustig – Gesichter“ das ich bisher im Kino gesehen habe), zum anderen durch kurze Einstellungen, die im ersten Moment gar nichts unbedingt mit der Geschichte zu tun zu haben scheinen und erst in der Entwicklung bzw. beim längeren darüber Nachdenken ihre Tiefe entwickeln. So manch einer mag sich nach dem Film auch bewogen fühlen, mal einer örtlichen Lach – Yoga Gruppe beizutreten…
Jede Minute des Film ist genau durchdacht und intelligent inszeniert, ohne dabei auf ganz große Kracher zurückgreifen zu müssen. Dafür verzeiht man auch gerne mal das ein oder andere kleinere Klischee.
Vor allem die teilweise verstörend realen körperlichen Annäherungen bis hin zu konkreten Sexszenen sind dabei sehr mutig, aber auch so echt und leidenschaftlich, das sie ohne Frage glaubhaft sind. (wobei es ein paar Szenen gab, bei denen ich mich ein bisschen über die niederländische Altersfreigabe von 12 Jahren gewundert habe).
Genau mit dieser Kombination gelingt es dem Filmemacher, seinen Figuren bis auf den emotionalen Grund vorzudringen, wenn auch auf sehr leise Art und Weise.
Schade, dass er sich dafür die mittlerweile etwas abgegriffene Thematik des „Älter -werdens und Liebe finden“ ausgesucht hat. So wirkt die an sich schöne und gewollt passende Langsamkeit, häufig etwas langatmig, obwohl jede Szene durchaus ihre Berechtigung hat.
Sicher kein Film für jeden, gerade wenn man lieber schnellere, action-reichere Streifen sieht, obwohl er  gegen Ende noch mal angenehm anzieht und vor allem das Finale wirklich überzeugt.

Gelungene acht von zehn möglichen Sofakissen deshalb für Gloria.


C.G.

Frances Ha

frances ha

Deutschlandstart 1. August 2013

Frances, 27 und erfolglose Tänzerin, wohnt in New York in einer WG mit ihrer besten Freundin Sophie und ist damit so glücklich, dass sie sogar lieber ihre Beziehung beendet als auszuziehen. Kurze Zeit später durchbricht Sophie allerdings die symbiotische Beziehung der beiden, indem sie mit einer anderen Freundin in ihre Traum – Wohnung zieht.
Plötzlich sieht sich Frances vor der Aufgabe, sich neu zu definieren. Sie braucht eine neue Wohnung, muss endlich auf die Reihe kriegen wo sie mit dem Tanzen eigentlich hin will, und im Grunde heraus finden , wer sie denn eigentlich ist, außer die eine Hälfte von „Frances und Sophie“.
Meistens gut gelaunt begibt sie sich auf einen Weg voller Versuche und Rückschläge und kommt dabei doch jedes Mal wieder ein kleines Stückchen vorwärts. Immer wieder begegnet sie dabei aber auch Sophie und erfährt dabei, wie sich Freundschaften verändern, auseinanderleben, dann aber auch wieder ein Stück weit zusammen finden können.

Drehbuchautor und Regisseur Noah Baumbach ist nicht nur ein begeisterter Independent – Filmer, sondern auch der Drehbuchautor, unter anderem von Fantastic Mr. Fox und Madagaskar 3. Ich muss zugeben, es hat mich überrascht zu lesen, dass der Film von einem Mann gemacht ist, der außerdem auch schon deutlich älter als die Protagonistin ist. Sehr positiv an diesem Film ist nämlich, wie genau er das Gefühl einer Generation und in diesem Falle vor allem der weiblichen Endzwanziger, einfängt. Denn wie uns viele Autoren – Filme der letzten Zeit immer wieder zeigen, ist der „Coming of age“ – Film nicht mehr nur den Teenagern vorbehalten. In einer Zeit, in der mit immer mehr Konventionen wie Heiraten, Heim und Herd gebrochen werden und einem eigentlich alle Möglichkeiten offen stehen, ist es gar nicht mehr so leicht sich zu entscheiden, wer oder was man denn jetzt eigentlich sein will und wie man sein Leben gestaltet.
Auch ohne Adam Driver, der in einer Nebenrolle Frances neuen Mitbewohner spielt, bleibt dabei der Vergleich zur Erfolgs – Serie Girls nicht aus. Vor allem in seiner angstfreien Schonungslosigkeit zeigen sich etliche Parallelen. Auf der anderen Seite wird, genau wie in der Serie, der Grad zwischen Wiedererkennen und Fremd-schämen häufig übertreten, vermutlich weil beides so eng beieinander liegt. Entsprechend war ich die ganze Zeit davon ausgegangen, dass es sich um den Debüt-Film einer Filmhochschülerin handelt, die etwa im Alter der Protagonistin ist. Das Wort „therapeutisches Schreiben“ mag an dieser Stelle etwas zu extrem sein, aber genau diesen Anschein macht der Film, auch wenn er, wie sich herausgestellt hat, von einem Mann Jahrgang ’69 gemacht wurde.
Die schwarz – weiß – Optik vermittelt natürlich sofort: dies ist ein zeitloser Kunstfilm und jegliche Langsamkeit ist gewollt, aber ansonsten macht sie in meinen Augen keinen wirklichen Sinn. Dem deutschen Kino – Publikum wird damit aber direkt noch ein weiterer Vergleich einfallen – Oh boy, der mit ähnlicher Optik und Thematik gerade sämtliche kleinen und großen Film – Preise einheimsen konnte.
Leider fehlt es Frances Ha dabei aber am Charme und der Skurrilität des deutschen Überraschungs- Hits und der letztendlichen, fast nicht auszuhaltenden Konsequenz von Girls. Die 90 Minuten die wir Frances bei ihrer Suche nach Sinn und Zukunft begleiten, sind völlig aus dem Leben gegriffen und genau getroffen – manchmal aber eben auch so sehr, dass es langweilig wird. Die meisten Menschen gehen nämlich nicht ins Kino, um sich Alltag anzuschauen, oder etwas, was sie eh schon wissen, sondern um etwas zu sehen, dass „larger than life“ ist. Mit ein bisschen mehr Witz, hätte ich mir die Geschichte gut als fortlaufende Comedy – Serie vorstellen können, in der sich die Entwicklung der Charaktere noch stärker hätte zeigen können, vor allem die der durchaus symphatischen, anti – heroischen Hauptdarstellerin (die übrigens im Leben nicht tanzen kann…). Für einen abendfüllenden Kino – Film, ist die Story doch ein bisschen dünn.

Trotzdem – Respekt für so viel Mut zum ehrlichen Film und gegen die millionenschweren Hollywood – Spektakel und damit sechseinhalb von zehn möglichen Sofakissen.